Wandelgeschichten.



 

Was wäre, wenn...

 wir es schaffen, umzusteuern?


Wie können wir Gemeinwohl zum Ziel für gesellschaftliches Handeln machen?






Foto: 

Jupiter / Ehemaliges Kaufhaus Karstadt Sport am Hamburger Hauptbahnhof 

(© Antje Bruno)

Im letzten Blog-Artikel in diesem Jahr möchte ich euch einladen, den positiven Blick in die Zukunft bewusst zu 
stärken – durch positives Imaginieren. Und es geht auch wieder um konkrete Projekte, die von Pionieren des Wandels mutig und engagiert vorangetrieben werden. 

Wie zum Beispiel das seit mehreren Jahren gemeinwohlorientiert zwischengenutzte Karstadt Sport am Hamburger Hauptbahnhof (Foto s.o.). Kreative Zwischennutzung oder gar Umnutzung von leer stehenden Kaufhäusern ist in vielerlei Hinsicht ein Gewinn. Das Quartier wird durch neue, oft gemeinwohlorientierte Nutzungen belebt – die Zivilgesellschaft profitiert, der Leerstand genutzt. Der "Kreativplanet" JUPITER, die größte kreativwirtschaftliche Zwischennutzung in Deutschland, ist so ein Ort.

Den Fokus verändern: Anderen Konzepten und Ideen Raum geben

In unserem Alltag fehlt uns oft die Kapazität, uns mit Dingen auseinander zu 
setzen, die über die eigenen Tagesabläufe hinausreichen. Wir wünschen uns neue Impulse und Lösungen, aber wir wissen auch nicht, was kommen könnte.

Die Ausrichtung auf das Positive lohnt sich. Warum? Es verändert die eigene Psyche positiv. Positives Denken kann wie ein Muskel trainiert werden. Jeder Gedanke verändert unsere Biochemie und langfristig unser Gehirn, sagt die Neurowissenschaftlerin und Medienpsychologin Prof. Dr. Maren Urner. Durch Imagination, unsere Vorstellungskraft, können wir Zukunftsängsten begegnen. Wir können überfordernden Negativszenarien positive Imaginationen entgegensetzen. Wir können üben, uns eine schöne Zukunft vorzustellen. Eine Studie weist einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Lebhaftigkeit positiv vorgestellter Szenarien und Optimismus nach (von Blackwell et al., erschienen in psychiatry research 2013). Es ist so einfach wie einleuchtend – nur wer eine positive Zukunft sieht, kann sie ansteuern (Maja Göpel). 


Alles beginnt im Kopf.


Doch wie können wir trotz schwieriger Bedingungen die Zukunft positiv sehen und Veränderungen in diese Richtung herbeiführen?
Schluss mit dem täglichen Weltuntergang, rät Maren Urner (
Link zu youTube). Probleme erkennen sei wichtig, aber dann müssen wir über Lösungen reden.
Dadurch werden wir handlungsfähig, es entstehen Mut und Energie.
Wir können üben mit Fragen wie: Wofür bin ich und nicht wogegen? Was stelle ich mir unter einer guten Zukunft vor? Vielleicht muss das zunächst mit anderen zusammen besprochen und gedacht werden. Wandel braucht soziale Imagination. So können alte Vorstellungen und eingetretene Entwicklungspfade durchbrochen werden. Visionen sind keine konkreten Pläne, sie zeigen aber Möglichkeiten auf, erzählen Geschichten, die uns einladen, die Zukunft neu zu denken und zu gestalten.
Altes – unbrauchbare, nicht zukunftsfähige Konzepte loszulassen, den Kopf lüften und Mut schöpfen, empfiehlt die Transformationsforscherin Maja Göpel. Mut schöpfen – dazu möchte ich, angesichts vieler positiver Ansätze, die in der Gesellschaftsküche unterhalb des gesellschaftlichen Radars bereits gekocht werden, einladen. Denn es fehlt nicht an Pionierprojekten, die Zukünftiges erproben und erfahrbar machen. Neue Bündnisse und Projekte für das allgemeine Wohl und positive Zukunftsgestaltung entstehen an vielen Orten und in vielen Bereichen des Lebens. Oft sind bürgerschaftliche Initiativen die Initiatoren für solche Projekte. In meinem beruflichen Alltag begegne ich vielen gemeinwohlorientierten Projekten, die für mehr soziales Miteinander und für eine andere Ausrichtung in der Stadtentwicklung stehen. Sie entstehen in Nischen, werden immer zahlreicher und erfahren auf der Ebene der Stadtpolitik und von öffentlichen Institutionen der Stadtentwicklung immer mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung als legitime Akteure der Stadtgestaltung. Daraus schöpfe ich Hoffnung und Mut für die Zukunft. Nachfolgend möchte ich euch einige vorstellen.



(Foto: Loaivat_brain-8789957_ pixabay)

 Habt ihr schon mal was von Immovielien gehört?


Immovielien sind Immobilien, die von Vielen für Viele gemeinwohlorientiert entwickelt werden. Es geht darum, bezahlbare Nachbarschaften zu sichern: Wohnen, lokales Gewerbe, Kultur und Sportinfrastrukturen. Sie zielen darauf ab, einen Mehrwert für das gesellschaftliche Miteinander zu schaffen. Jeder kann sich engagieren. Immovielien gibt es im gesamten deutschsprachigen Raum.

Statt Gewinnmaximierung steht der Nutz- und Gebrauchswert im Vordergrund. Das Gemeinwohl im Quartier ist die angestrebte Rendite.

Immovielien werden bedürfnisorientiert, selbstbestimmt und gemeinschaftlich entwickelt, inklusiv genutzt oder betrieben. Jede Immovielie ist anders, hat einen anderes Handlungsfeld, andere Menschen im Hintergrund. 

Pionierprojekte – Immovielien

Motto: Wir haben eine Kirche. Sie haben eine Idee? St. Maria als … 

macht eine katholische Kirche zum Ort für Kooperation, Begegnung und gemeinsame Aktivität. St. Maria als … ist eine denkmalgeschützte neugotische Kirche (1879) in der Stuttgarter Innenstadt. Angesichts schrumpfender Mitglieder-zahlen, sinkender Steuereinnahmen und im Hinblick auf notwendige Sanierungsmaßnahmen stellte sich für St. Maria die Frage, was geschieht mit dem Kirchenraum, wenn die Religionsgemeinschaft zerfällt? Welche Aufgabe kann der Kirchenraum jenseits seiner religiösen Funktionen in der Gesell-schaft übernehmen? Und wie lassen sich andere Nutzung des Kirchenraums finanzieren? Vor diesem Hintergrund begann 2017 ein Beteiligungsprozess, der durch die Zusammenarbeit mit Stadt-Lücken e.V. und die wissenschaftliche Begleitung katholischer Theolog*innen der Universität Tübingen zu einem Kirchenent-wicklungsprozess der besonderen Art wurde und die Kirche zur Stadtgesellschaft hin öffnete. 
Die drei Punkte in Sankt Maria als … stehen für die vielfältigen Möglichkeiten, Kirche anders zu denken und den Kirchenraum als Allmende zu verstehen, als nicht kommerziellen Raum, in dem Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen, Herkunft, Altersgruppen und sozialer Schichten Gemeinschaft erleben und Verantwortung übernehmen können. 

Motto: Wir sind Pioniere! Wir sind ein offener und lebendiger Kulturort mit Geschichte. Wir schaffen Räume für Begegnung, Kunst, Experimente und gesellschaftliche Debatten für uns und kommende Generationen. KOMM! Sei dabei.

Das Kulturquartier Schauspielhaus wird wieder ein pulsierender Kulturort im Herzen Erfurts – initiiert durch die Bürger der Thüringer Landeshauptstadt selbst. Seit über zehn Jahren engagieren Sie sich dafür, dass das seit 2003 leerstehende ehemalige Schauspielhaus der Stadt wieder mit Leben gefüllt wird. Dafür gründeten sie Thüringens erste Kulturgenossenschaft und haben über 1 Million € Mittel eingeworben, um das Schauspielhaus 2020 schließlich zu erwerben. Über 900 Menschen sind mittlerweile Mitglied. Alle Akteure von Vorständen bis Helferinnen arbeiten ehrenamtlich.

Mehrere Vereine bespielen als Zwischennutzer:innen mit zahlreichen Aktiven, netten Nachbarn und Baustrom den Ort an den Wochenenden zwischen Mai und Oktober.

 

Motto: 365 TAGE PRINZENBAD – Wieso kann ein Sommerbad diese Rolle nur im Sommer haben?

Die 10 Sommerbäder sind einzigartige, gesellschaftlich heterogene Orte in Berlin. Diverse Lebenswelten und Gruppen treffen hier aufeinander, die in ihrem Alltag stark voneinander getrennt leben. Die Sommerbäder sind durchschnittlich nur 3,5 Monate pro Jahr geöffnet. Während dieser Monate wird vielen Menschen dadurch Zugang zu Grünflächen mitten in der Innenstadt gewährt. Allein für die Grünflächenversorgung der Menschen in der dichter werdenden Stadt sind diese insgesamt knapp 500.000 m² Flächen auch außerhalb der Sommermonate von großem Wert. Die Bäder werden das ganze Jahr über unterhalten und bergen große Potentiale für eine Mehrfachnutzung außerhalb der Badesaison.

Pool Potentials Berlin – Interessenvertretung für saisonale Wechselnutzungen ist eine Initiative des gemeinnützigen Vereins Genua e.V.. Ihre Arbeit widmet sich dem saisonalen Leerstand der 10 Berliner Sommerbäder. Sie setzen sich für eine kooperativ entwickelte, gemeinwohlorientierte Wechselnutzung dieser Flächen- und Raumressourcen während ihrer jährlichen Schließungszeit ein.